Waiblingen.de will keine Konkurrenz

Stadtverwaltung beansprucht Internet-Adresse für sich und klagt gegen Privatmann.

Wer zuerst kommt, malt zuerst, nach dieser Devise werden von der Denic Internet-Adressen vergeben. Immer öfter gibt es deswegen Streit. Die Stadt Waiblingen hat jetzt gegen einen Privatmann geklagt, der unter anderem “Waiblingen2000.de” Stimmung gegen die Stadtverwaltung macht. Vor dem Landgericht Stuttgart einigten sich die Parteien auf einen Vergleich.

Fortan muss Dieter Albrecht seine Seiten im Internet mit dem Zusatz “privat und unabhängig” kennzeichnen. Dem Prozess (Streitwert: 30 000 Mark) vorausgegangen waren verschiedene Verhandlungsrunden, in denen die Stadt versucht hatte, sich außergerichtlich mit Dieter Albrecht zu einigen und eine Adressenänderung herbeizuführen.

Fakt ist, dass die Stadt bereits seit 1997 unter “Waiblingen.de” über Veranstaltungen und Einkaufsmöglichkeiten in Waiblingen, der “Alten Stadt in Jungen Mauern”, informiert. Seit 1999 macht Dieter Albrecht der Stadtverwaltung Konkurrenz auf Seiten, die zwar nicht so informativ sind, wie die der Stadtverwaltung, die aber weitaus flotter und ansprechender daher kommen.
Was den Stadtoberen neben Hinweisen zu Veranstaltungen, Vereinen und Unterkünften in der Stadt vor allem ein Dorn im Auge sein dürfte: Albrecht (“Ich bin Basisdemokrat”) will “kritischen Bürgern” in Waiblingen auf seinen Seiten eine Plattform bieten, und so macht er unter dem link “Waiblingen lokal” ordentlich Stimmung gegen das Sanierungsprojekt Schwaneninsel, dass ohnehin überschattet ist durch einen Rechtsstreit zwischen Verwaltung und CDU-Gemeinderätin Susanne Gruber, die Pächterin zweier Lokalitäten an der Stelle ist. “Ein Skandal ohne Ende”, so wettert Albrecht recht polemisch gegen die Neugestaltung der Schwaneninsel. Das Konzept sei nicht aufgegangen. Gähnende Leere, “jeden Tag, jeden Abend” macht Albrecht im Schwanen aus. Zitat: “Der für viele Millionen renovierte Schwanen kommt nicht an, kommt überhaupt nicht an…”
Freilich, inhaltliche Gründe seien für die Klage “absolut nachrangig” gewesen, betont Harald Zabon, Rechtsamtsleiter der Stadt Waiblingen, auf Nachfrage. “Das sind Unterstellung von Herrn Albrecht, die sich in der Form nicht halten lassen. Ob einer unter Waiblingen2000.de oder Abrakadabra.de Unzufriedenheit austeilt, das hat man nie im Griff.” Nein, der Stadt Waiblingen gehe es allein darum, einen Namen zu schützen, der ihr nach Paragraph 5 der Gemeindeordnung zustehe. “Waiblingen gehört uns.” Ähnliche Probleme gebe es mit Seiten, die mit Ortschaftsnamen belegt sind. “Wir sind der Meinung, das ist nicht gut”, sagt Zabon, der sich in diesen Fällen um Einigung bemüht. Mit dem vor Gericht vereinbarten Zusatz “privat und unabhängig” kann die Stadt leben. “Natürlich wären wir glücklicher gewesen, wenn wir Waiblingen ganz raus bekommen hätten. Das ist uns nicht gelungen.” Und so feiert Dieter Albrecht bereits, soeben aus dem Gerichtssaal zurückgekehrt, den Triumph auf seiner Webseite: “Stadtverwaltung von Waiblingen kann Position vor dem Landgericht nicht durchsetzen.”
Die Rechtslage ist schwierig. Die Zahl der gerichtlichen Auseinandersetzungen nimmt zu, allerdings einigten sich viele Parteien bisher auf einen Vergleich. So habe das Gericht auch in der Frage, ob, wer zuerst kommt, das Recht auf seine Internet-Adresse hat, “in der Schärfe” noch nicht Stellung bezogen. “Je mehr obergerichtliche Entscheidungen wir haben, desto mehr Rechtssicherheit dürfte sich einstellen”, sagt Bernhard Richter, der Vorsitzende Richter der Verhandlung zwischen der Stadt Waiblingen und Dieter Albrecht.
“Es kommt immer auf die Interessenabwägung im Einzelfall an”, betont Bernhard Richter. “Es gab auch schon Urteile, da wurde nicht nach dem Prinzip: Wer zuerst kommt, hat das Recht auf die Adresse, entschieden.” Wichtigstes Argument sei die Verwechslungsgefahr, sprich die Frage, ob der Benutzer wie im Fall von Waiblingen2000.de den Eindruck gewinnen könne, der Inhalt unter dieser Adresse sei von der Stadtverwaltung autorisiert. Diese Gefahr zumindest wurde jetzt mit dem vereinbarten Vermerk “privat und unabhängig” ausgeschaltet.

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